Einblick

I. Was sind Hofstedes kulturelle Faktoren?

In der heutigen vernetzten Welt sind internationale Arbeitsplätze immer häufiger anzutreffen. Mit der globalen Expansion von Unternehmen arbeiten Fachleute zunehmend mit Kollegen, Kunden und Partnern aus vielfältigen kulturellen Hintergründen zusammen. Diese dynamische Umgebung birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Um erfolgreich im internationalen Arbeitsumfeld zu agieren, ist es entscheidend, die Bedeutung der Kultur bei der Gestaltung unserer Interaktionen und Beziehungen zu verstehen. Ein unschätzbares Rahmenkonzept zur Erfassung dieser kulturellen Dynamiken ist Hofstedes Kulturdimensionen-Theorie.

Geert Hofstede, ein niederländischer Sozialpsychologe, entwickelte die Kulturdimensionen-Theorie Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre. Diese Theorie identifiziert sechs wesentliche kulturelle Dimensionen, die zur Analyse und zum Vergleich von Kulturen verwendet werden können und Einzelpersonen und Organisationen dabei unterstützen, verschiedene kulturelle Kontexte besser zu verstehen und sich anzupassen.1

1. Machtdistanz

Die Machtdistanz misst das Ausmaß, in dem eine Gesellschaft eine ungleiche Verteilung von Macht akzeptiert und erwartet. In Kulturen mit hoher Machtdistanz sind hierarchische Strukturen gut etabliert, und Autoritätspersonen werden hoch respektiert. Im Gegensatz dazu betonen Kulturen mit geringer Machtdistanz Gleichheit und eine demokratischere Verteilung von Macht. Das Verständnis der Machtdistanz kann Einzelpersonen bei der Navigation in Arbeitsplatzhierarchien und Kommunikationsstilen helfen.

2, Maskulinität vs. Femininität

Hofstedes Dimension Maskulinität-Femininität untersucht die Werte und Rollen, die mit Geschlecht in einer Gesellschaft verbunden sind. Maskuline Kulturen neigen dazu, Durchsetzungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und materiellen Erfolg zu schätzen, während feminine Kulturen Qualitäten wie Fürsorge, Zusammenarbeit und Lebensqualität priorisieren. Die Anerkennung dieser kulturellen Vorlieben kann Beziehungen und Zusammenarbeit am Arbeitsplatz verbessern.

3. Vermeidung von Unsicherheit

Die Vermeidung von Unsicherheit misst die Toleranz einer Gesellschaft gegenüber Ambiguität und Unsicherheit. Kulturen mit hoher Unsicherheitsvermeidung bevorzugen Struktur, Regeln und Vorhersehbarkeit, während Kulturen mit geringer Unsicherheitsvermeidung offener für Veränderungen und Innovation sind. Das Verständnis dieser Dimension kann Entscheidungsfindung und Change-Management-Strategien lenken.

4. Langfristige vs. Kurzfristige Orientierung

Diese Dimension bewertet die Zeitperspektive einer Kultur. Kulturen mit langfristiger Orientierung priorisieren Ausdauer, Sparsamkeit und Vorbereitung auf die Zukunft, während Kulturen mit kurzfristiger Orientierung sich auf unmittelbare Ergebnisse, Traditionen und Werte der Vergangenheit konzentrieren. Das Erkennen dieser Unterschiede kann die strategische Planung und Zielsetzung im internationalen Geschäft beeinflussen.

5. Genuss vs. Zurückhaltung

Hofstede führte diese Dimension später ein, um Aspekte von Glück und Wohlbefinden zu behandeln. Kulturen, die Genuss zulassen, neigen dazu, persönliche Freude und Befriedigung zu gestatten, während Kulturen mit Zurückhaltung Selbstkontrolle und Beherrschung über Wünsche betonen. Die Anerkennung dieser Dimension kann Marketingstrategien und die Motivation von Mitarbeitern beeinflussen.

(Quelle: Source: Hofstede, G. (1991). Cultures and Organizations)

II. Anwendung des Hofstede-Rahmens zur Erfassung der Arbeitskultur in Deutschland und Vietnam

In dem vorherigen Abschnitt sind wir in die grundlegenden Konzepte des Hofstede-Kulturdimensionen-Rahmens eingetaucht und haben ein umfassendes Verständnis dafür entwickelt, wie diese sechs Schlüsseldimensionen wertvolle Einblicke in die Komplexität interkultureller Interaktionen bieten. Jetzt wollen wir die Unterschiede zwischen der deutschen und der vietnamesischen Arbeitskultur anhand des Hofstede-Kulturdimensionen-Rahmens analysieren.

1. Machtdistanz:

  • Deutschland: Deutschland hat eine relativ niedrige Machtdistanzkultur. Das bedeutet, dass eine Vorliebe für mehr Gleichheit und eine flachere Organisationsstruktur am Arbeitsplatz besteht. Es wird erwartet, dass die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten offen ist.2
  • Vietnam: Vietnam neigt dazu, eine Kultur mit höherer Machtdistanz zu haben, was auf Respekt vor Hierarchie und Autorität hinweist. In vietnamesischen Arbeitsumgebungen besteht oft eine klare Unterscheidung zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, und es wird erwartet, dass Autoritätspersonen respektiert werden.3

2. Individualismus vs. Kollektivismus:

  • Deutschland: Deutschland ist eine individualistische Kultur, was bedeutet, dass Einzelpersonen selbstständiger sind und persönliche Leistungen schätzen. Am Arbeitsplatz legen deutsche Mitarbeiter möglicherweise einen stärkeren Fokus auf ihre eigenen Ziele und Initiativen.2
  • Vietnam: Vietnam ist eine kollektivistische Kultur, die starke Bindungen in Familie, Gemeinschaft und Arbeitsgruppen betont. Vietnamesische Mitarbeiter neigen dazu, Gruppenharmonie zu priorisieren und sind möglicherweise eher geneigt, zusammenzuarbeiten und Entscheidungen gemeinsam zu treffen.3

3. Maskulinität vs. Femininität

  • Deutschland: Deutschland neigt zur Maskulinität und betont Durchsetzungsfähigkeit, Wettbewerb und materiellen Erfolg am Arbeitsplatz. Oft gibt es eine klare Trennung zwischen Arbeit und Privatleben.4
  • Vietnam: Vietnam hat Elemente sowohl von Maskulinität als auch von Femininität, neigt jedoch mehr zur Femininität. Beziehungen, Lebensqualität und persönliches Wohlbefinden sind in der vietnamesischen Arbeitskultur wichtig, und es kommt zu einer Verschmelzung der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben.3

4. Unsicherheitsvermeidung:

  • Deutschland: Deutschland hat eine Kultur mit geringer Unsicherheitsvermeidung, was eine höhere Toleranz für Ambiguität und die Bereitschaft, am Arbeitsplatz Risiken einzugehen, impliziert. Es gibt weniger Abhängigkeit von Regeln und eine größere Offenheit für Innovation.5
  • Vietnam: Vietnam hat eine Kultur mit höherer Unsicherheitsvermeidung, was bedeutet, dass eine Vorliebe für Stabilität und Struktur besteht. Am Arbeitsplatz kann dies zu einem vorsichtigeren Umgang mit Veränderungen und einer Abhängigkeit von etablierten Regeln und Verfahren führen.6

5. Langfristige vs. Kurzfristige Orientierung:

  • Deutschland: Deutschland hat in der Regel eine langfristige Ausrichtung und konzentriert sich auf Nachhaltigkeit und Ausdauer. Am Arbeitsplatz besteht ein Engagement für die Erreichung langfristiger Ziele und den Aufbau dauerhafter Beziehungen.6
  • Vietnam: Vietnam hat ebenfalls eine langfristige Ausrichtung und schätzt Traditionen und Ausdauer angesichts von Herausforderungen. Vietnamesische Arbeitnehmer tendieren dazu, langjährige Beziehungen zu Kollegen und Partnern zu schätzen.6

6. Genuss vs. Zurückhaltung:

  • Deutschland: Deutschland tendiert eher zu Genuss, was mehr Freiheit zur Äußerung und zum Genuss am Arbeitsplatz ermöglicht. Es gibt weniger strenge Kontrolle über Impulse und Wünsche.6
  • Vietnam: Vietnam hat Elemente von Genuss und Zurückhaltung, neigt jedoch eher zur Zurückhaltung. In vietnamesischen Arbeitsumgebungen kann es mehr Selbstkontrolle und ein Gefühl der Pflicht geben.6

Es ist wichtig zu beachten, dass kulturelle Unterschiede innerhalb eines Landes variieren können, und Einzelpersonen halten sich möglicherweise nicht immer an diese Verallgemeinerungen. Darüber hinaus beeinflussen Globalisierung und die Exposition gegenüber verschiedenen Kulturen allmählich die Arbeitskulturen sowohl in Deutschland als auch in Vietnam und führen zu einer gewissen Konvergenz von Praktiken. Dennoch können das Verständnis dieser kulturellen Dimensionen wertvolle Einblicke bieten, wenn man in oder mit diesen beiden Nationen arbeitet.

Zusammenfassend bietet Hofstedes Kulturdimensionen-Theorie einen wertvollen Rahmen zur Erfassung der Rolle von Kultur im internationalen Arbeitsumfeld. Durch die Anerkennung und den Respekt vor diesen kulturellen Unterschieden können Fachleute und Organisationen ihre Fähigkeit zur effektiven und harmonischen Zusammenarbeit in einer globalisierten Welt verbessern.

  1. Hofstede, G. (1991). Cultures and Organizations ↩︎
  2. Al-Alawi, Adel. (2016). Cross-cultural Differences in Managing Businesses: Applying Hofstede Cultural Analysis in Germany, Canada, South Korea and Morocco. Elixir Inter. Busi. Mgmt. 40855-40861.  ↩︎
  3. Dissanayake, D., Niroshan, W., Nisansala, M., Rangani, M.N., Samarathunga, S., Subasinghe, S., Wickramaarachchi, D., Nirasha, K.C., Wickramasinghe, D., & Wickramasinghe, W.M. (2015). Cultural comparison in Asian countries: An Application of Greet Hofstede’s Cultural Dimensions. ↩︎
  4. Milosevic, D. (2019). A comparison of Hofstede’s cultural dimensions: Italy, Germany, and Serbia. The Economic and Management of Natural Resources. ↩︎
  5. Minkov, M. (2018). A revision of Hofstede’s model of national culture: old evidence and new data from 56 countries. Cross Cultural & Strategic Management, [online] 25(2), pp.231–256. doi:https://doi.org/10.1108/ccsm-03-2017-0033. ↩︎
  6. Minkov, M., Dutt, P., Schachner, M., Jandosova, J., Khassenbekov, Y., Morales, O. and Blagoev, V. (2019). What would people do with their money if they were rich? A search for Hofstede dimensions across 52 countries. Cross Cultural & Strategic Management, 26(1), pp.93–116. doi:https://doi.org/10.1108/ccsm-11-2018-0193. ↩︎

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